Funktionsweise Moor

Wie funktioniert ein Moor?

„Mit dieser tatkräftigen Aktion gestalten wir
aktiv Nachhaltigkeit in der Region und mit der
Renaturierung des Moors leisten wir einen
wichtigen Beitrag zum Umweltschutz.“

 

THOMAS BADER

Leiter Marketing / Unternehmensentwicklung
und Mitorganisator


„Am Tag des Geschehens kam eine tolle, hochmotivierte Truppe von der Bank. Alle haben ihre Ärmel hochgekrempelt und gemeinsam zwei Sperrenbauwerke gebaut, um einen alten Entwässerungsgraben wieder zu verschließen. Sie hatten augenscheinlich viel Spaß dabei und haben gleichzeitig einen Beitrag zum Klimaschutz geleistet.“

 

PROF. DR. MARKUS RÖHL
Moorexperte von der Hochschule für Wirtschaft
und Umwelt Nürtingen - Geislingen


 

„Die Stimmung bei den Vor-Ort-Arbeiten im Moor war von Anfang an ausgesprochen positiv. Es wurde gebohrt, gehämmert, gerüttelt und viel gelacht. Alle waren sich einig, dass es ein super spannender, lehrreicher Tag war und ein außergewöhnliches Erlebnis insgesamt.“

 

 

BIANCA FEDERMANN
Marketing / Unternehmensentwicklung

und Mitorganisatorin


Moore allgemein

Moore sind Vieles in Einem: Lebensraum hoch spezialisierter Tier- und Pflanzenarten, Torfspeicher, Wildnisinseln in einer zunehmend vom Menschen geprägten Kulturlandschaft und Produktionsstätten für Land- und Forstwirtschaft. Jahrtausende lang betrachteten die Menschen das Moor auch als geheimnisumwitterte, unheimliche Orte, in vorchristlicher Zeit häufig mit kultischer Bedeutung. In den vergangenen Jahren ist ein Aspekt verstärkt in den Blickpunkt geraten: Moore sind Stoffquellen oder -senken für klimarelevante Gase.

 


Doch was ist ein Moor eigentlich genau und wie kommt es, dass ihm so viele Funktionen (Ökosystemdienstleistungen) zugeordnet werden können?

Moore entstehen nur an Standorten, wo im Untergrund eine stauende Schicht existiert und der Ort zumindest zeitweise einen Wasserüberschuss aufweist. Die hohen Wasserstände hemmen die Zersetzung der Biomasse, die durch die wachsenden Pflanzen im Lauf des Jahres gebildet wird. Dies ist im Wesentlichen auf den geringeren Sauerstoffgehalt im Wasser gegenüber der Luft zurückzuführen. Der Sauerstoff ist für viele Bakterien und Pilze, die an der Zersetzung beteiligt sind, lebensnotwendig. Wird jedes Jahr mehr Biomasse gebildet, als sich durch die sauerstoffarmen Verhältnisse zersetzen kann, wächst das Moor auf – es entsteht Torf. Ein Moor wächst urglasförmig über Jahrtausende in die Höhe (in etwa 1mm pro Jahr). Zuerst wird es vom Grundwasser und Niederschlag gespeist. Man spricht von einem Niedermoor. Hat es eine gewisse Höhe erreichen können, dann verlieren die oberen Schichten den Kontakt zum Grundwasser. Ist ausreichend Niederschlag vorhanden, wächst das Moor weiter in die Höhe und wird zum Regen- oder Hochmoor. Diese nehmen nur ca. 7 % der ganzen Torflagerstätten in Baden-Württemberg ein.

Dieser seltene und sehr spezielle Lebensraum (ein Hochmoor weist beispielsweise einen geringen pH-Wert auf, der sonst kaum in Landschaften zu finden ist) ist Lebensraum für hochspezialisierte Tier- und Pflanzenarten.

Sumpfschrecke und Rundblättriger Sonnentau sind typische und seltene Arten der Moore der Baar.

Durch ihren speziellen Bewuchs können Moore Wasser speichern und langsam an ihre Umgebung abgeben, wodurch eine Pufferfunktion entsteht. Bei Starkregenereignissen kann so Wasser im Moor, ähnlich einem Schwamm, aufgenommen und über einen längeren Zeitraum wieder abgegeben werden. Moore dienen außerdem als Archive längst vergangener Zeiten. In ihren Torfen sind Pollen der jeweilig vorherrschenden Vegetation zu finden, wo durch über Jahrtausende der Bewuchs der Umgebung abgebildet werden kann. Genauso wurden auch menschliche Spuren im Moor „gespeichert“. In machen Mooren sind ganze Siedlungen konserviert.

Torfe bestehen im Wesentlichen aus Kohlenstoffverbindungen, die die grünen Pflanzen durch die Photosynthese gebildet haben. Sie enthalten somit durch das Pflanzenwachstum fixiertes Kohlendioxid – den wichtigsten Motor des aktuellen Treibhauseffektes. Moore stellen einen sehr effektiven Speicher bzw. eine Stoffsenke für den Kohlenstoff dar: Obwohl nur drei Prozent der Erdoberfläche von Mooren bedeckt sind, werden dort über 30 Prozent der gesamten Bodenkohlenstoffvorräte gespeichert.

Ein wachsendes Moor legt klimarelevante Gase in den Torfen fest. Dadurch wird es zur Stoffsenke. Das Hochmoor ist dunkel- und das Niedermoor mittelbraun dargestellt. Das bereits vorhandene Relief ist hellbraun abgebildet.


Zustand der Moore

In der Vergangenheit wollte man die meisten Moore in Baden-Württemberg für die Land- und Forstwirtschaft urbar machen. Torf wurde aber auch als Brennmaterial genutzt. Um den „nassen Boden“ nutzen zu können, war es nötig die Moore durch Gräben zu entwässern. Aktuell liegt keine vollständige Statistik über den Entwässerungsgrad der baden-württembergischen Moore vor. Schätzungen gehen aber davon aus, dass weit über 90 Prozent der ursprünglichen Torflagerstätten zumindest teilweise entwässert sind.

Weltweit und auch in Deutschland werden aktuell noch Entwässerungsgräben in Mooren angelegt. Dies geschieht häufig für den Flächengewinn zur Produktion (z.B. Palmöl), aber auch zur Gewinnung von Torf als Substrat für Blumenerde (in unseren Baumärkten sind in nahezu jedem Sack Blumenerde große Mengen Torf enthalten). In Irland, Finnland und Schweden werden innerhalb der Europäischen Union noch große Torfkraftwerke betrieben, die entsprechend beheizt werden müssen.

Entwässerungsgräben im Moor „Land-Schilfröhricht südlich von Bad Dürrheim“.


Entwässerung und ihre Folgen

Durch die Entwässerung der Torfe findet, unter der jetzt aeroben Sauerstoffzufuhr, die Mineralisation der organischen Substrate statt. Aus der ehemaligen Stoffsenke wird eine Stoffquelle. Die emittierten Treibhausgase kommen dabei in unterschiedlichen Mengen vor und weisen eine unterschiedliche Klimawirksamkeit auf. Methan wirkt im Gegensatz zu Kohlendioxid 21-fach, Lachgas ist 310-fach wirksamer. Um eine vergleichbare Größe zu erhalten wird die Wirkung der Gase auf Kohlendioxid-Äquivalente umgerechnet. In einer Fläche von 100 mal 100 Metern werden bei Acker- oder intensiver Grünland-Nutzung in unserer Region häufig über 30 Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr frei. Umgerechnet in Autokilometer entspricht dies rund 200.000 Kilometer pro Jahr! Auch Wälder emittieren zwischen 15 und 20 Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr. Dagegen entweichen aus einer nassen Moorfläche mit extensiver Grünlandnutzung meist weniger als zehn Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr. Naturnahe oder renaturierte Moore haben eine nahezu ausgeglichene Bilanz.

 

Ein durch Torfabbau und Melioration entwässertes Moor emittiert klimarelevante Gase und fungiert somit als Stoffquelle.

Ein zentrales Ziel des Moorschutzes ist es deshalb, diese vorgeschädigten Moore zu renaturieren, damit sie ihre natürlichen Funktionen wieder, zumindest teilweise, wahrnehmen können. Um einen effektiven Klimaschutz in teilentwässerten Mooren zu erreichen, ist eine Anhebung der Wasserstände auf Werte knapp unter Flur notwendig. Dies wird in der Regel mit dem Bau von Sperren, die die Entwässerungsgräben verschließen, erreicht.


Sperrenbau

Die meisten Sperren, die aktuell gebaut werden, bestehen aus Spundwänden, die senkrecht oder waagerecht in die Torfe getrieben werden. Die Spundwände werden aus sehr unterschiedlichen Materialien aufgebaut. Die Mehrzahl der Sperren besteht aus Holz. Es werden Bohlen, die eine Nut- und Federfräsung aufweisen, in die Torfe eingebracht. Zum Einsatz kommen vor allem Hölzer, die gegenüber Witterungseinflüssen sehr widerstandsfähig sind.

Die Bohlen müssen tief in die gewachsenen Torfe der Grabenschulter und der -sohle verankert werden, um dem Bauwerk eine entsprechende Stabilität zu geben. Gleiches gilt auch für Spundwände, die aus Plastik oder anderen Materialien bestehen. Bei richtiger Bauausführung übernehmen die Spundwände den Wasseranstau. Die Einzelbohlen können auf unterschiedlicher Art und Weise in die Torfe eingebracht werden (quer oder senkrecht; quer hat sich nicht bewährt). Werden die Bohlen senkrecht in die Torfe getrieben, kann das auf unterschiedliche Art und Weise geschehen. Ist ein Bagger vor Ort, kann dieser die Bohlen sehr schonend mit dem Greifarm nach unten drücken. Eine Alternative stellt ein Elektro-Schlaghammer dar, der mit einem umgeformten Aufsatz die Hölzer ebenfalls relativ schonend hinuntertreibt. Wer etwas für seine Fitness tun will, kann auch mit einem großen Pfahlhammer mit Kunststoffauflage die Bohlen in den Torf hämmern. In den eigenen Projekten führte dies jedoch häufiger zum Verkanten der Hölzer und zur Verletzung der Bohlen im oberen Schlagbereich. Bei breiteren Gräben, die eine relativ große Wasserführung aufweisen, werden häufig Sperren gebaut, die aus zwei hintereinanderliegenden Spundwänden bestehen. Diese doppelwandigen Sperren werden in der Mitte mit Torfen aufgefüllt, die eine dämmende Wirkung aufweisen und dem Bauwerk mehr Stabilität verleihen.

Bauweise einer doppelwandigen Sperre. Es werden Nut- und Federbretter verwendet. Die einwandige Sperre besteht nur aus einer Spundwand und benötigt keinen Überlauf.

Führen die Gräben etwas weniger Wasser, dann ist es ausreichend eine einwandige Sperre zu verbauen. Alle Bauwerke aus Holz haben in den Mooren in der Regel eine „Sollbruchstelle“. Während sich im dauerhaft nassen Bereich die Hölzer ähnlich wie die Torfe kaum zersetzen und noch nach Jahrzehnten ihre Struktur behalten, zersetzen sie sich in der wechselnassen Zone sehr viel schneller. Gleichzeitig führen hier Schrumpfungen zu Längsrissen, die rasch die Stauwirkung der Spundwände in Frage stellen können. Eine Möglichkeit, diese zu verhindern, ist die Überwallung des Holzbauwerkes mit Torfen. Dies führt zu einer ausgeglichenen Feuchte der Hölzer, Austrocknungen können so minimiert werden.