Zur aktuellen Diskussion um Strukturen im Bankenbereich und Entwicklungen am Geld- und Kapitalmarkt

Statement - Markus Dauber – Vorstandsvorsitzender Volksbank in der Ortenau

Ortenau, 04.09.2019

  • Genossenschaftliche Finanzgruppe und Volksbank in der Ortenau sieht Sparer und Banken
    gleichermaßen als Verlierer und fordert ein Ende der seit 5 Jahren herrschenden Negativzinspolitik der EZB
  • Negativzinspolitik der EZB hebelt Wertaufbewahrungsfunktion des Geldes aus
  • Volksbank erwartet weitere strukturelle Anpassungen im Filialbereich. Standortkooperationen bei der Selbstbedienungstechnik haben sich bewährt - im Filialbereich nicht zwingend sinnvoll
  • Fusion zur Volksbank in der Ortenau sehr erfolgreich - weitere strukturelle Veränderungen nicht ausgeschlossen, aktuell aber keine konkreten Fusionsgespräche
  • Überdurchschnittliches Wachstum im Kundenkreditgeschäft setzt sich auch 2019 fort

In Folge der enormen europäischen Staatsverschuldung tragen die Banken seit Juni 2014 einen negativen Zinssatz für ihre Einlagen, die sie bei der EZB unterhalten müssen.

Zur Erfüllung der gesetzlichen Liquiditätsvorschriften sind Banken gezwungen, enorme Beträge in hochliquiden Anlageklassen, zu denen in erster Linie Staatsanleihen zählen, vorzuhalten. Für eine mittelständische Bank können das schnell einige hundert Millionen Euro sein, die einerseits zu negativen Renditen angelegt werden müssen - während bislang die Kundengelder von Privatkunden zu 0% hereingenommen werden.

Die Entwicklung an den Geld- und Kapitalmärkten - mittlerweile negativen Renditen über alle Laufzeitbereiche bis zu minus 0,9 % - sowie die Ankündigungen der EZB, die Zinsen durch weitere geldpolitische Maßnahmen noch deutlich zu verschärfen signalisieren, dass mit einer Zinswende auf Jahre nicht zu rechnen ist. Ursache der expansiven Geldpolitik ist die unverändert hohe Staatsverschuldung sowie Rezessionsängste, die auch durch die politisch motivierten weltweiten Handelsstreitigkeiten insbesondere von den USA ausgelöst wurden.

Die genossenschaftliche Finanzgruppe fordert seit Jahren ein Ende der fatalen Zinspolitik der Europäischen Zentralbank. Die größten Verlierer dieser Entwicklung sind die Sparer in Deutschland, da traditionelle und sichere Anlagen wie Festgeld, Tagesgeld oder Sparbücher keinen Ertrag mehr bringen. Vor allem jungen Menschen ist es nur noch schwer zu vermitteln, dass Sparen nach wie vor notwendig ist. Ein ausreichendes Sparen fürs Alter ist vor diesem Hintergrund kaum noch möglich! Die Negativzinspolitik der EZB hebelt zudem eine wesentliche Geldfunktion - nämlich die der Wertaufbewahrungsfunktion - de facto aus. Wir raten unseren Kunden dringend mit uns über die Möglichkeiten im Rahmen einer strukturierten Geldanlage mittels alternativer Anlagenklassen (z.B. Aktien, Immobilien usw.) zu sprechen.

Wenn sich die Zinsentwicklung weiter verstetigt, werden die Banken gezwungen werden, die Situation auch im Hinblick auf die bisherige Null-Verzinsung bei den Privatkundeneinlagen neu zu bewerten. Bei großen Teilen der Firmenkundeneinlagen fallen bereits seit Jahren Negativzinsen an.

Generell werden alle Banken weiterhin große Anstrengungen zur Kostenreduktion unternehmen müssen, die auch strukturelle Veränderungen in der Personal- und Standortpolitik, aber auch weitere Fusionen beinhalten können. Mit über 10.300 Bankstellen - davon 2.300 in Baden-Württemberg - verfügt die genossenschaftliche Finanzgruppe noch immer über eines der dichtesten Bankstellennetze in Deutschland. Von einem flächendeckenden Rückzug aus der Fläche kann keine Rede sein!

Kooperationen zwischen Genossenschaftsbanken und Sparkassen gibt es häufig - meist durch gemeinsame Nutzung von Geldausgabeautomaten in Ortschaften und Regionen, in denen der Betrieb für eine Bank allein ansonsten betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll wäre. So gibt es auch zwischen der Volksbank in der Ortenau und der Sparkasse Offenburg/Ortenau seit langem im Bereich unserer SB-Stellen solche Kooperationen.

Der abwechselnde Betrieb von personenbesetzten Filialen ist bislang eher selten. Ob dies betriebswirtschaftlich sinnvoll ist, muss im Einzelfall beurteilt werden, denn bis auf die Mietkosten, die man teilen kann, bleiben nahezu alle übrigen Kosten - insbesondere Personal- sowie IT-Kosten von der Kooperation unberührt. Viele Filialgebäude sind - gerade bei uns im ländlichen Raum - im Eigentum der Bank. Von daher sehen wir den bei den Frankfurter Kollegen eingeschlagenen Weg für uns eher nicht.

Die Volksbank in der Ortenau führt derzeit keine konkreten Fusionsgespräche, sondern setzt ihren seit Jahren erfolgreichen Wachstumskurs über das Kundenkreditgeschäft systematisch fort. Seit der Fusion der Volksbanken Offenburg und Achern zur Volksbank in der Ortenau 2016 verzeichnet die Volksbank Jahr für Jahr zweistellige Wachstumsraten. Auch in diesem Jahr verzeichnen wir Wachstumsraten, die deutlich über dem Verbandsdurchschnitt liegen. Wir unterstützen lieber Investitions- und Innovationsvorhaben unserer Firmenkunden und ermöglichen vielen Privatkunden den Traum vom Eigenheim.

Markus Dauber, Vorstandsvorsitzender der Volksbank in der Ortenau eG. Foto: Volksbank in der Ortenau eG